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endif; ?>Prison Project
if(qtranxf_getLanguage()=='de'): ?>Daten
- Bauzeit: Oktober 2015 –April 2017
- Leistungsumfang: allein verantwortlicher Generalplaner
- Bauherren: Ministerium für Tourismus und Kultur, Ankara;
Europäische Union - Projektarchitekt: Cristian Abrihan / Manfred Wehdorn
- Partner Architekten: EMR Mimarlık-Restorasyon-Uygulama, Istanbul
Kooperationspartner: Ankey Consulting and Trade, Ankara;
Univ. Prof. Dipl.-Arch. Christoph Luchsinger, TU Wien; u.a.m. - Fotos/Pläne: ©Wehdorn Architekten
Plan
Projekt: Prison Project
endif; ?> if(qtranxf_getLanguage()=='en'): ?>Data
- construction time: Oktober 2015 –April 2017
- scope: allein verantwortlicher Generalplaner
- builders: Ministerium für Tourismus und Kultur, Ankara;
Europäische Union - projectarchitect: Cristian Abrihan / Manfred Wehdorn
- partner architect: EMR Mimarlık-Restorasyon-Uygulama, Istanbul
Kooperationspartner: Ankey Consulting and Trade, Ankara;
Univ. Prof. Dipl.-Arch. Christoph Luchsinger, TU Wien; u.a.m. - photos / plans: ©Wehdorn Architekten
plan
Project: Prison Project
endif; ?>Ein Kulturzentrum im ehemaligen Gefängnis der Stadt Sinop an der Schwarzmeerküste
Im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit hat sich die Türkei verpflichtet, für alle Kulturstätten des Landes, die auf der Welterbeliste der UNESCO eingetragen sind, „Site-Management-Pläne“ zu erstellen. In diesem Zusammenhang war es Ziel eines groß angelegten EU-Förderungsprogrammes zu einem Erfahrungsaustausch zwischen der Türkei und der Europäischen Union zu kommen. Eines der ersten Projekte dieser Art betraf die etwa 40.000 Einwohner umfassende Stadt Sinop an der Schwarzmeerküste. Aufgrund eines weltweiten Wettbewerbes wurden die Arbeiten an Wehdorn Architekten vergeben. Das Kulturerbeprojekt Türkei zählt zu einem der größten internationalen Erfolge von Wehdorn Architekten.
Sinop ist eine der bedeutendsten historischen Städte in der Türkei, bekannt unter anderem als Geburtsort des griechischen Philosophen Diogenes. Seit der Gründung der Stadt in hellenistischer Zeit entwickelte sie sich in der Folge zu einer der wirtschaftlich wichtigsten Kolonien an der Schwarzmeerküste; der Hafen wurde zu einem der Zentren des Fischfangs, Umschlagplatz für Oliven, Öl und vieles anderes mehr. Auch die bestehende Stadtmauer geht in wesentlichen Teilen in hellenistische Zeit zurück und von der großen Geschichte der Stadt zeugen heute noch zahlreiche Bauten, die bis in das 13. Jahrhundert zurückgehen. – Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts veränderte sich das Bild der historischen Stadt dramatisch, heute ist es nicht zuletzt von qualitätslosen Bauten der Gegenwart geprägt. Die wirtschaftliche Situation der kleinen Hafenstadt ist triste: Der Tourismus ist, klimatisch bedingt, auf zwei bis drei Sommermonate reduziert; Industrie und Kunsthandwerk sind zwar qualitativ gut, aber im Sinne einer Arbeitsplatzbeschaffung zu wenig entwickelt. Bescheidenes Einkommen sichert am ehesten noch der schwere und daher nicht attraktive Beruf in der Fischerei bzw. der Handel mit Gütern des täglichen Bedarfs. Arbeitslosigkeit, im Besonderen bei der Jugend und kontinuierliche Abwanderung sind die Folgen. Handlungsbedarf ist dringendst gegeben.
Das Gesamtprojekt umfasste insgesamt an die vierzig Einzelaktivitäten, von konkreten Stadtplanungsprojekten über Öffentlichkeitsarbeit und logistische Aufgaben, wie die Erstellung einer Website bis zu wissenschaftlichen Aufgaben, wie Workshops für Studierende. Das zentrale Projekt, das den gesamten Site-Management-Plan für Sinop mitbestimmte, war jedoch die Planung eines Kulturzentrums im Areal des ehemaligen Gefängnisses, das mehr oder minder am höchsten Punkt der Stadt bzw. am Eingang zum Stadtzentrum liegt.
Das heutige Gefängnisareal wird von zwei Hauptepochen geprägt: Von der hellenistischen bzw. byzantinischen Zeit, der die Stadt- und Zwingermauern angehören, und dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts, in der das Gefängnis innerhalb der Mauern eingerichtet wurde (1885 bis 1887). Weitere Bauten auf dem Areal, wie das Hamam, ein Kindergefängnis und ein „Observierungsgebäude“ entstanden erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts. 1979 wurde das Innere des Hauptgebäudes als Folge einer Gefangenenrevolte durch Brand zerstört, rasch, in provisorischer Weise wieder aufgebaut und saniert.
Mit Ende 1997 schloss man endlich das Gefängnis und übergab es 1999 dem Ministerium für Kultur und Tourismus. Seit dieser Zeit nutzt der Staat das Areal und die einzelnen Bauten als „Gefängnismuseum“, wobei vor allem das Objekt als solches, ohne wesentliche Ausstellungsinstallationen, präsentiert wird. Offiziell wird von etwa 20.000 Besuchern pro Jahr gesprochen, ein Großteil dieser Zahl rekrutiert sich aus dem Besuch von Schulen.
Das neue Nutzungskonzept, das in Abstimmung mit dem Ministerium für Tourismus und Kultur in Ankara, der Provinz und der Stadt Sinop unter Einbeziehung ihrer Bewohner entwickelt wurde, sieht eine multifunktionalen Lösung – Museum, Veranstaltungszentrum, Wohnungen für Künstler und Start-up-Büros mit allen notwendigen Nebennutzungen – vor. Ziel ist es, ein neues lebendiges Zentrum für Sinop zu schaffen.
Das Projekt geht von der wissenschaftlichen Bestandsaufnahme und Analyse der heutigen Situation aus. Aus bauhistorischer Sicht ist in diesem Zusammenhang der hohe Anteil an Spolien in den hellenistischen und byzantinischen Mauern auffällig. Zahlreiche steinerne Inschrifttafeln und Reliefs, die einzeln inventarisiert und aufgearbeitet wurden, verweisen auf wichtige, historische Ereignisse. Aus der Sicht der Archäologie besteht darüber hinaus eine große Funderwartung: Die California State University, North Ridge, arbeitet seit Jahren auf dem Areal. Aus Infrarotaufnahmen und Magnetresonanz-Untersuchungen wissen wir, dass im Zuge der Revitalisierung weiträumige Grabungen notwendig sein werden und die Aufdeckung weiterer bedeutender Reste aus der hellenistischen Epoche zu erwarten sind.
Aus bautechnischer Sicht ist der Zustand der einzelnen Objekte als schlecht zu bezeichnen, die Lage am Meer führt verständlicherweise zu großen Korrosionsschäden am Stein.
Aus städtebaulicher Sicht ist die Öffnung des Gesamtareals, das Brechen der bestehenden Barriere, Ausgangspunkt der Planung. Wichtig ist in jedem Fall die Schaffung einer direkten und visuellen Sichtverbindung zwischen der Stadt und dem Meer. Ein zweiter, einfacher Schritt aber mit großem optischem Effekt ist die Klärung des Areals von Einbauten aus dem 20. Jahrhundert. Besonders deutlich kann diese denkmalpflegerisch notwendige Aktion im Bereich des Zwingerganges dargestellt werden, in dem nach Abbruch der Stahlbetonbauten zum ersten Mal wieder die historische Situation mit den die gesamte Anlage bestimmenden bastionsartigen Türmen entstehen wird.
De facto ist das Gesamtareal das von großen Gefällsunterschieden geprägt ist, aufgrund der zahlreichen Treppen und Stufenanlagen für einen älteren oder gar gebrechlichen Mensch heute nicht begehbar. Im Sinne einer barrierefreien Erschließung ist daher geplant, das Areal soweit wie möglich nur über Rampen- und Liftanlagen zu erschließen, die nicht zuletzt die Begehung der Stadtmauer ermöglichen werden. Der Ausblick von diesem Rundgang ist geradezu spektakulär, von ihm aus sieht man die Qualität der Stadt Sinop: Der Blick über das Gefüge der Stadt, der Landschaft, das Meer mit dem Hafen bis zu den anschließenden Strandbereichen, ist beeindruckend.
Die heute bestehenden einzelnen, niedrigeren Hofmauern, die das Gesamtareal in drei kleinere Höfe teilten, können geschleift werden, weil sie nicht zum ursprünglichen Baukonzept gehören, wodurch sich ein großzügiger Platzraum ergibt. Das alte Hamam kann als Caféhaus zur Belebung des Platzes beitragen. Ein weiterer Neubau an der Stelle der alten Schule, die am Eingang zum großen Hof liegt, wird ebenfalls als Restaurant bzw. Bar umgebaut, vor allem können hier die notwendigen Sanitäreinrichtungen für den gesamten Freiraum geschaffen werden.
Die Baustruktur Gefängnisgebäude gibt eine Dreiteilung vor: Nur der südliche Teil mit den heute noch bedrückend empfundenen Strafzellen soll als Museum im klassischen Sinn erhalten bleiben. Der nördliche Teil des Gebäudes wird für Workshops und für Ausstellungen der verschiedensten Art, zum Beispiel zur Geschichte des Gefängnisses, dienen. Hier wird auch der zentrale Museumsshop untergebracht sein. Nicht zuletzt besteht die Möglichkeit im Obergeschoß des Bautraktes kleine Ateliers für „Artists in Residence“ einzurichten. Der mittlere Bauteil mit seinen Veränderungen nach dem Brand im Jahre 1979 ermöglicht es, den zentralen, von Witterung unabhängigen Veranstaltungsraum mit einem Fassungsvermögen von rund 500 Personen, zu schaffen. Die notwendigen Neben- und Sanitärräume können an der Rückseite des Gebäudes errichtet werden.
Das ehemalige Kindergefängnis soll für ein Kindermuseum entwickelt werden, die dem Gebäude vorgelagerten archäologischen Bereiche könnten hier pädagogisch bestens miteinbezogen werden. Das ehemalige „Observierungsgebäude“ soll als Verwaltungszentrum bzw. für Start-up-Büros ausgebaut werden, um jungen Wirtschaftstreibenden den Einstieg in ihr Berufsleben zu erleichtern.
Die Interdisziplinarität zwischen Alt und Neu soll auch durch die verschiedenen Materialien unterstrichen werden: Während die historischen Bauten nach streng wissenschaftlichen Kriterien unter Verwendung der alten Baumaterialien und Bautechniken restauriert werden, zeigen die neuen Objekte nicht nur in ihrer Form sondern auch durch die bestimmende Verwendung von zeitgemäßen Materialien, von bewittertem Stahl („Corten-Stahl“), ihre Zugehörigkeit zum 21. Jahrhundert.
Wesentlicher Bestandteil des Projektes ist ein „Aktionsplan“ für das neue Kulturzentrum. Der Architekt kann nur zielführende bauliche Lösungen auf Basis seiner Erfahrungen vorschlagen. Mit Leben erfüllen kann es nur der Betreiber. Weltweit hat sich gezeigt, dass klassische Museen nicht zum Ziel führen können. Wesentlich wird es auch sein, das Gesamtareal kostenfrei zugänglich zu machen, nur dann kann das ehemalige Gefängnisareal zum neuen zentralen Treffpunkt für Jung und Alt in Sinop werden. Die neue große Veranstaltungshalle im Zentrum des historischen Gefängnisgebäudes wird es ermöglichen, Veranstaltungen nicht nur – wie bisher – in den Sommermonaten bei Schönwetter abzuhalten sondern das ganze Jahr über, Tag und Nacht, bei Regen und Schnee. Denn: Sinop kann auch bei Schnee schön sein.
Das Projekt gilt als großer Hoffnungsträger für den sozialen und wirtschaftlichen Aufstieg der kleinen Schwarzmeerstadt und der gesamten Region. Auch in diesem Sinn sollte die Weiterführung des Dialoges zwischen der Türkei und der Europäischen Union gewährleistet sein. Seit jeher haben gemeinsame kulturelle Interessen auch zu einem politischen Verständnis beigetragen.